Preisträgerinnen und Preisträger 2006–2009
Ab dem Jahr 2006 wurden die Preisgelder für den Helmut Schmidt Journalistenpreis aufgestockt: Auf 15.000 Euro für den 1. Preis, 10.000 Euro für den 2. Preis und 5.000 Euro für den 3. Preis.
Preisträgerinnen und Preisträger 2006
Mit seiner 45-minütigen WDR-Reportage „Und du bist raus. Wie Investoren die Traditionsfirma Grohe auspressen“ überzeugte Hubert Seipel die Jury. Der Beitrag zeigt, wie Grohe, Hersteller hochwertiger Badezimmer-Armaturen und einstiger Familienbetrieb, von ausländischen Geldgebern auf Profitmaximierung optimiert wird – mit fatalen Folgen für die deutsche Belegschaft.
„Risiko des langen Lebens“ hat Nadine Oberhuber ihren prämierten Beitrag in „Die Zeit“ betitelt. Darin deckt sie auf, wie Rentenversicherer mit ihren Berechnungsgrundlagen tricksen und somit die Verbraucher täuschen. Ziel der Konzerne: Vertragsverkäufe anzukurbeln mittels Versprechungen, die später nicht gehalten werden könnten.
Thomas Leif wurde für seinen Beitrag „Gelesen, gelacht, gelocht. Vom Irrsinn der Berater-Republik“ ausgezeichnet. Der Titel der TV-Reportage ist Programm: Leif geht auf Spurensuche im Sumpf des Beratertums und fördert Unglaubliches zutage. Teure und unsinnige Gutachten, bezahlt von der öffentlichen Hand, sind demnach in Deutschland viel zu oft an der Tagesordnung. Das SWR-Feature berichtet von Expertisen, die keiner braucht, und Studien, die einfach nur haarsträubend sind.
Preisträgerinnen und Preisträger 2007
Den ersten Preis erhält Gabor Steingart für seine im „Spiegel“ erschienene Titelgeschichte „Weltkrieg um Wohlstand“. Darin zeigt der Journalist und Buchautor auf, wie sich unter dem Eindruck der Globalisierung Macht und Reichtum verschieben. Sein Befund: Asien trumpfe auf, während die Arbeitskraft der Europäer millionenfach entwertet werde. Dagegen müsse sich der Westen wehren, um nicht zu scheitern.
„Preiskampf in der Bückzone“ hat Reto U. Schneider seinen mit dem zweiten Preis prämierten Beitrag betitelt. In diesem gibt er den Lesern ebenso fundiert wie kurzweilig Einblicke in die Welt der Verkaufspsychologie. Er erklärt unter anderem, weshalb Früchte und Gemüse in Supermärkten immer am Eingang stehen, warum Vivaldis „Vier Jahreszeiten“; den Kauf teurer Weine forcieren und weshalb Männer beim Einkaufen stören. Der Artikel ist im NZZ Folio, der Monatszeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, erschienen.
Ebenfalls den zweiten Preis sicherte sich Robert von Heusinger für seinen offenen Brief an den „Lieben Staat“. In einer ungewohnten, journalistischen Darstellungsform weist er nach, dass die Altersversorgung zu kompliziert ist: „Es gibt rund 3400 Riester-Produkte in Deutschland und Zehntausende Berater“. Sein in der „Zeit“; veröffentlichter Beitrag erschien unter dem Appell: „Bitte, lass uns nicht allein“.
Preisträgerinnen und Preisträger 2008
Mit dem ersten Preis wurden zwei Reportagen der Stern-Redakteurin Nikola Sellmair prämiert. In ihrem Beitrag „Bioäpfel vom Ende der Welt“ berichtet die Autorin von der 13.000 Kilometer langen Reise des Obstes von der Plantage am Rio Negro bis zum Supermarkt am Rhein. Darf sich ein solcher Apfel noch mit der Bezeichnung „Bio“ schmücken? Die Journalistin kommt zu überraschenden Antworten. In ihrer Reportage „Das kurze Leben von Ferkel 0146“ erzählt die Autorin von der nur sechsmonatigen Existenz eines Schweins. Sie spannt den Bogen ihrer Geschichte von der Geburt des Tieres bis zum Verzehr des Schnitzels. Darüber hinaus erfährt der Leser, wie der globalisierte Schweinemarkt funktioniert.
Der zweite Preis geht an Michaela Schießl, Steffen Winter und Beat Balzli für ihren im „Spiegel“ erschienenen Beitrag „Casino provincial“. Darin wird das Milliardendesaster der Sächsischen Landesbank aufgearbeitet. Vor allem geht es aber um die Hybris der ehemaligen Banker und Manager, die auf internationalen Märkten verdienen wollten, doch die Strudel des globalen Finanzsystems unterschätzten.
Der dritte Preis wird zweimal vergeben. Wolfgang Hirn und Henrik Müller erhalten die Auszeichnung für ihren meinungsbetonten Beitrag „Auf der Kippe“, der im Manager Magazin erschienen ist. Sie fragen, inwieweit ein von Gier geprägter Superkapitalismus die Glaubwürdigkeit der Demokratie aushöhlt. Britta Buchholz und Michael Scheuch erhalten den Preis für ihr ZDF-Feature „Die Macht der Manager“. Es bringt dem Zuschauer die Welt, die Empfindlichkeiten und die Zwänge zum Quartalsdenken von Vorständen näher. Überdies greifen die Preisträger die Frage auf, ob im Rausch der Millionen und Milliarden die Moral der Manager auf der Strecke bleibt.
Preisträgerinnen und Preisträger 2009
Den ersten Preis erhält Alexander Neubacher für seine im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ erschienene kritische Zwischenbilanz der von der Großen Koalition umgesetzten Gesundheitsreform. Unter der vielsagenden Überschrift „Das Tollhaus“ beschreibt der Journalist sehr anschaulich und faktenreich, wie Milliardenbeträge, die eigentlich der medizinischen Versorgung zugute kommen sollten, im Nirgendwo versickern und die Bürokratie ständig zunimmt. Es gelte die absurde Prämisse: Je kranker ein Patient, desto besser, schreibt der „Spiegel“-Autor.
Kersten Sebastian Schüßler nimmt in seinem im TV-Kulturkanal ARTE ausgestrahlten Beitrag „Verbranntes Geld“ das große Thema der vergangenen Monate ins Visier: Wie kam es zur weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise? Wer waren die Akteure, und wer trägt die Verantwortung? Der Autor begab sich auf Spurensuche. Seine Reise durch die Krise führte durch die US-amerikanische Provinz, wo das Immobiliendebakel seinen Anfang genommen hatte, über die Finanzzentren New York und London bis nach Deutschland und Frankreich. Zu Wort kamen nicht nur Börsenhändler, Analysten und Mitarbeiter von Rating-Agenturen, sondern ebenso Philosophen, Sozialethiker und Soziologen. Kersten Sebastian Schüßler besuchte aber auch die Opfer der Krise. Diesen Beitrag zeichnete die Jury mit dem zweiten Preis aus.
Im Zeichen der Krise überwies die Bundesregierung den Bürgern erstmals Geld: Pro Kind zahlte der Staat einen Bonus von 100 Euro. In ihrem Beitrag „Ein Laufrad für Deutschland“ gehen die Autoren Marc Brost und Wolfgang Uchatius der Frage nach, was mit diesem Bonus in beispielhaft ausgewählten Einzelfällen geschehen ist. Können 100 Euro das Land verändern, gar die Krise entschärfen? Hatte der britische Ökonom John Maynard Keynes Recht, wenn er vom Multiplikationseffekt von Konjunkturpaketen sprach? Diese in der „Zeit“ erschienene, sehr praktische Darstellung ökonomischer Zusammenhänge prämierte die Jury mit dem dritten Preis.